St. Martin – Legende, Bräuche, regionale Unterschiede

Warum backt man am Martinstag Hefegänse? Und wer war eigentlich der Heilige St. Martin? Rund um den beliebten Brauchtumstag gibt es viel Wissenswertes. Hier erfährst du, wie wir St. Martin in Deutschland feiern und welche besonderen Traditionen es im kleinen Ort St. Martin in der Pfalz gibt.

Viele Laternen mit einem Bild von St. Martin
© mpix-foto/AdobeStock

In aller Kürze:

  • Das Martinsfest wird zu Ehren des Heiligen St. Martin gefeiert.
  • Das Fest findet am 11. November statt, dem Tag seiner Grabtragung.
  • Der 11.11. ist kein offizieller Feiertag.
  • Häufigste Bräuche: Laternenumzug, Martinsfeuer, Gänseessen, Martinssingen
  • Der Heilige St. Martin ist Orts- und Namenspatron der Ortschaft Sankt Martin in der Pfalz.

Wer war der Heilige St. Martin?

Der Heilige St. Martin wurde als Martin von Tours im Jahr 316 n.Chr. in Pannonien (heutiges Ungarn) geboren. Sein Vater war ein hochrangiger, römischer Offizier. Martin von Tours wurde Soldat, trat irgendwann jedoch aus der Armee aus, um sich der Religion zu widmen. Er starb am 08. November in der Ortschaft Candes, in der Nähe von Tours und wurde am 11. November im Jahr 397 n. Chr. beerdigt.

Heute kennen wir ihn als St. Martin oder auch St. Martinus und feiern jedes Jahr am 11. November das Martinsfest. Ein offizieller Feiertag ist St. Martin jedoch nicht. Gefeiert wird nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern, wie Frankreich oder Österreich. Doch warum eigentlich?

Die Legende der Mantelteilung

Der Legende nach, war Martin von Tours als Soldat auf Reisen als er gemeinsam mit anderen Soldaten einen kaum bekleideten, frierenden Bettler traf.

Gemälde des Heiligen Sankt Martin bei der Mantelteilung.
© zatletic/AdobeStock

Während die anderen kein Interesse daran hatten, dem armen Mann zu helfen, teilte Sankt Martin, hoch auf seinem Pferd sitzend, seinen warmen, roten Mantel mit dem Schwert in zwei Teile und gab einen Teil dem dankbaren Bettler. So musste dieser nicht mehr frieren. In der darauffolgenden Nacht erschien Jesus ihm im Traum und dankte ihm für seine gute Tat.
Nach diesem Erlebnis beschloss Martin von Tours, aus der Armee auszutreten und sich taufen zu lassen. Er wurde Schüler des berühmten Kirchenlehrers Hilarius und später Priester. Mehrmals kam Martin von Tours in den folgenden Jahren nach Trier und baute dort sogar ein Kloster, die Abtei St. Martin. Als im französischen Ort Tours ein Bischof gesucht wurde, wünschten sich die Menschen, dass Martin dieses Amt übernimmt. Vom damaligen Papst wurde er also zum Bischof von Tours geweiht. Er galt als sehr bescheiden und lebte ein asketisches, enthaltsames Leben.

Nach seinem Tod wurde er heiliggesprochen und ist seitdem als St. Martin, Schutzpatron der Bettler, Soldaten, Waffenschmiede und Haustiere bekannt.

Die Geschichte von St. Martin gilt heute als ein Symbol für die christliche Nächstenliebe. St. Martins gütige Tat und die Botschaft, die er mit dieser an die Welt sendete, werden heute nicht nur in Deutschland jährlich gefeiert. Den Kindern sollen mit dem Fest die Werte von Zwischenmenschlichkeit und Nächstenliebe nähergebracht werden.

So wird St. Martin in Deutschland gefeiert

Gefeiert wird das Fest fast in allen Teilen Deutschlands, besonders aber im Süden und Westen. Manche nennen es St. Martin oder Martinstag, andere Martinsfest oder Martini. Der traditionsreiche Tag wird heute mit verschiedenen Bräuchen begangen. Hier stellen wir sie dir vor:

Der Sankt-Martins-Umzug

Der Martinsumzug wird meistens von Kindergärten, Schulen und Pfarreien organisiert. Bei den Umzügen ziehen Kinder und Erwachsene mit bunten Laternen durch die Ortschaft. Vorneweg reitet meist ein Reiter mit rotem Mantel. Da Weiß die Farbe der Heiligen ist, sitzt der Reiter traditionell auf einem weißen Pferd. Der Zug soll an Lichterprozessionen erinnern, die früher am Vorabend von hohen Festen stattfanden. Auch der Heilige St. Martin wurde nach seinem Tod in einer Lichterprozession nach Tours gebracht und dort beerdigt.

Laternen basteln und Martinsfeuer

Die bunten Laternen werden meist im Kindergarten oder der Schule gemeinsam mit den Kindern gebastelt. Sie sollen ein strahlendes Licht in der Dunkelheit sein und stehen symbolisch für die frohe Botschaft St. Martins.

Zum Ende des Martinszuges wird häufig ein großes Freudenfeuer entfacht, um das die Kinder mit ihren Laternen stehen. Auch das Feuer soll Licht in der Dunkelheit sein, wie die Tat Sankt Martins für den frierenden Bettler.

Ein Mädchen betrachtet leuchtende Martinslaternen.
© Irina Schmidt/Adobe/Stock

Martinsgansessen & Martinsgänse backen

St. Martin war vor allem für seine Bescheidenheit bekannt: Als er zum Bischof geweiht wurde, soll er sich im Gänsestall versteckt haben, um der ganzen Aufmerksamkeit zu entfliehen. Das wilde Schnattern der Gänse verriet ihn jedoch. Bis heute ist die Gans aber ein Zeichen für den Heiligen Martinus. Wer das Fest ganz traditionell feiern möchte, bereitet zum Martinstag eine Martinsgans im Ofen zu. Ein weiterer Brauch ist das Backen von Hefegebäck in vielfältigen Formen.

  • In Süddeutschland werden kleine Hefe-Gänse, die so genannten Martinsgänse gebacken.
  • In Westfalen bekommen die Kinder einen so genannten Stutenkerl, auch aus Hefeteig, aber in Form eines kleinen Mannes.
  • Im Rheinland wird das Gebäck Weckmann genannt.
    • Manchmal haben die kleinen Hefe-Figuren eine kleine Pfeife in der Hand. Diese soll den Bischofsstab von St. Martin symbolisieren.
  • In einigen Ecken Westdeutschlands gibt es traditionell kleine Hefehörnchen, Martinshörnchen genannt. St. Martin soll am Stadttor der französischen Stadt Amiens einst ein Hufeisen seines Pferdes verloren haben. Daran soll das Hörnchen erinnern.
  • Teile des Rheinlands, Westfalens, Ruhrgebiets, Sauerlands und andere Teile Deutschlands: Hier bekommst du am Martinstag eine Martinsbrezel aus süßem Hefeteig gereicht.

Martinssingen

Auch Singen gehört zum Martinstag. Während die Kinder mit ihren leuchtenden Laternen den Martinszug begehen, singen sie Lieder über den Heiligen St. Martin und seine frohe Botschaft. Traditionell bekommen die Kinder für ihren Gesang kleine Geschenke. Dieses Ritual ist ein so genannter Heischebrauch.

Schnell erklärt

Heischebrauch – was ist das?

Als Heischebrauch bezeichnet man Bräuche, bei denen in irgendeiner Form Gaben erbeten werden. Das Martinssingen ist nur ein Beispiel dafür. Weitere sind z.B. das Rummelpottlaufen in Norddeutschland oder das Sternsingen in der Vorweihnachtszeit.

Das Martinssingen ist nicht überall üblich, wo St. Martin gefeiert wird. In einigen Orten hat es jedoch sehr spezielle Namen:

  • In Bonn gehen die Kinder “schnörzen”.
  • In Düsseldorf und Teilen des Bergischen Landes heißt das Martinssingen “Gripschen”.
  • In Köln spricht man vom “Kötten”.
  • Im Bergischen Land ist das Martinssingen als “Mätensingen” bekannt.
  • Im Siebengebirge kennt man den Brauch unter der Bezeichnung “Dotzen”.

In einigen protestantisch geprägten Regionen, insbesondere in Nordwest- und Nordostdeutschland wird beim Martinssingen meist nicht der Heilige Sankt Martin gefeiert, sondern sein Namensvetter Martin Luther, der am 10. November geboren wurde. Der Heischebrauch ist auch hier üblich: die Kinder ziehen singend von Haus zu Haus. Früher bekamen sie von den reichen Bewohner:innen der Stadt Pfeffernüsse und Äpfel geschenkt. Heute erhalten sie dafür Süßigkeiten.

Beliebte Lieder zum Martinsfest

Ich geh mit meiner Laterne und meine Laterne mit mir.
Dort oben leuchten die Sterne und unten leuchten wir.
Mein Licht ist schön, könnt ihr es sehn? Rabimmel, rabammel, rabumm.

Ich geh mit meiner Laterne und meine Laterne mit mir.
Dort oben leuchten die Sterne und unten leuchten wir.
Ich trag mein Licht, ich fürcht mich nicht. Rabimmel, rabammel, rabumm.

Ich geh mit meiner Laterne und meine Laterne mit mir.
Dort oben leuchten die Sterne und unten leuchten wir.
Der Martinsmann, der zieht voran. Rabimmel, rabammel, rabumm.

Ich geh mit meiner Laterne und meine Laterne mit mir.
Dort oben leuchten die Sterne und unten leuchten wir.
Laternenlicht, verlösch mir nicht. Rabimmel, rabammel, rabumm.

Ich geh mit meiner Laterne und meine Laterne mit mir.
Dort oben leuchten die Sterne und unten leuchten wir.
Wie schön das klingt, wenn jeder singt! Rabimmel, rabammel, rabumm.

Ich geh mit meiner Laterne und meine Laterne mit mir.
Dort oben leuchten die Sterne und unten leuchten wir.
Ein Lichtermeer zu Martins Ehr. Rabimmel, rabammel, rabumm.

Ich geh mit meiner Laterne und meine Laterne mit mir.
Dort oben leuchten die Sterne und unten leuchten wir.
Mein Licht ist aus, ich geh nach Haus. Rabimmel, rabammel, rabumm.
Laterne, Laterne,
Sonne, Mond und Sterne.
Brenne auf mein Licht,
Brenne auf mein Licht,
aber nur meine liebe Laterne nicht.

Laterne, Laterne,
Sonne, Mond und Sterne.
Sperrt ihn ein, den Wind,
Sperrt ihn ein, den Wind,
er soll warten, bis wir alle zu Hause sind.

Laterne, Laterne,
Sonne, Mond und Sterne.
Bleibe hell, mein Licht,
Bleibe hell, mein Licht,
denn sonst strahlt meine liebe Laterne nicht!
Sankt Martin, Sankt Martin, Sankt Martin
ritt durch Schnee und Wind,
sein Roß das trug ihn fort geschwind.
Sankt Martin ritt mit leichtem Mut:
sein Mantel deckt' ihn warm und gut.

Im Schnee saß, im Schnee saß,
im Schnee da saß ein armer Mann,
hatt' Kleider nicht, hatt' Lumpen an.
"O helft mir doch in meiner Not,
sonst ist der bittre Frost mein Tod!"

Sankt Martin, Sankt Martin,
Sankt Martin zog die Zügel an,
sein Roß stand still beim armen Mann,
Sankt Martin mit dem Schwerte teilt'
den warmen Mantel unverweilt.

Sankt Martin, Sankt Martin
Sankt Martin gab den halben still,
der Bettler rasch ihm danken will.
Sankt Martin aber ritt in Eil'
hinweg mit seinem Mantelteil.
Sankt Martin war ein guter Mann,
der uns als Beispiel gelten kann,
zeigte, dass Teilen Freude macht
in jener dunklen kalten Nacht,
in jener dunklen kalten Nacht.

Dem Bettler half er in der Not,
als Martin ihm den Mantel bot,
zeigt, dass Teilen Freude macht
in jener dunklen kalten Nacht,
in jener dunklen kalten Nacht.

Drum lasst uns helfen wo es geht,
wann immer ihr die Not mal seht.
Ihr wisst, dass Teilen Freude macht
in jener dunklen kalten Nacht,
in jener dunklen kalten Nacht.

Die Ortschaft Sankt Martin in Rheinland-Pfalz

Der schöne Ort Sankt Martin liegt an der Südlichen Weinstraße im Bundesland Rheinland-Pfalz. Mit knapp 1.800 Einwohnern (Stand 12/2020) ist er zwar recht überschaubar, die Feierlichkeiten für den Orts- und Namenspatron des Ortes können sich jedoch sehen lassen und locken jedes Jahr viele Schaulustige nach Sankt Martin, im Pfälzischen Dialekt “Made” genannt. Das Martinsfest wird auch hier mit dem traditionellen Laternenumzug gefeiert und es werden Martinsbrezeln gegessen. Auch das Martinsfeuer und ein Gänseessen finden jährlich statt. Doch die Sankt Martiner Bürger:innen zelebrieren die Grabtragung St. Martins noch mit einigen anderen Bräuchen:

Statue des Heiligen Sankt Martin in der Ortschaft St. Martin/Pfalz.
© Willi Wilhelm/AdobeStock

Weinfest

Sankt Martin liegt im zweitgrößten Weinanbaugebiet Deutschlands. Daher ist es naheliegend, dass der wichtigste Tag des Jahres hier auch mit einem ordentlichen Weinfest gefeiert wird. Das Martinus-Weinfest ist eines der ältesten und größten Weinfeste der Pfalz. Seit 2018 findet es immer schon einige Tage vor dem 11. November statt und leitet quasi die Feierlichkeiten ein.

Martinusspiel

Am Abend des 11.11. findet jedes Jahr das Martinusspiel statt. Das Theaterstück wird von der örtlichen Laienspielgruppe St. Martin aufgeführt. Zum Ende des Theaterstücks werden 11 Gänseessen unter den Besucher:innen ausgelost. Übrigens: Früher verloste man traditionell noch lebende Gänse – das macht man heute nicht mehr.

Martinslauf

Zum Martinstag gehört "in Made" auch der Martinslauf. Die Route führt durch den historischen Ortskern von Sankt Martin und ist 7,2 km lang. Schüler:innen und Jugendliche laufen kürzere Strecken (ca. 1,2 bzw. 2,4 km).

Pferdesegnung

Dieser Brauch findet immer entweder am Wochenende vor oder nach dem 11.11. statt. Aus der Region kommen dazu viele Reithöfe nach St. Martin und bringen ihre Pferde mit, um sie vom Pfarrer segnen zu lassen.

Martinstafel

Diese Veranstaltung existiert erst seit 2016. Anlässlich des 1.700. Geburtstags des Heiligen Martins organisierte die Gemeinde die Martinstafel. Mitten im historischen Ortskern werden Tische aufgebaut, alle Besucher:innen bringen selbst Geschirr, selbstgemachte Speisen und Getränke mit und teilen diese bei einem gemeinsamen Essen miteinander. Mit dieser Geste des Teilens sollen Nächstenliebe, Einsatz für Schwächere und Zusammenhalt symbolisiert werden.

Prozession mit Martinsstatue

Nach dem Gottesdienst wird eine Holzstatue des Heiligen St. Martin von einem Weingut zu einem anderen Weingut getragen, wo sie für ein Jahr verbleibt. Im nächsten Jahr wandert die Statue wieder weiter. Die Winzer:innen feiern damit eine Art Erntedankfest. Der Heilige St. Martin soll die Winzer:innen, speziell das eine Weingut, vor schlechter Ernte im kommenden Jahr schützen.

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Wichtige Fragen schnell beantwortet:

Nein, das Martinsfest wird außer in Deutschland auch in Österreich, Polen, den Niederlanden, Dänemark, Großbritannien und Irland gefeiert. In Frankreich verlor die Tradition immer mehr an Bedeutung. Heute wird das Fest dort kaum mehr gefeiert.
Eine kurze, religiöse Erzählung über das Wirken (Leben und Tod) eines:einer Heiligen bezeichnet man als Legende. Es ist eine literarische Gattung, die an Märchen und Sagen angelehnt ist. Legenden beziehen sich in der Regel auf Personen, die tatsächlich existiert haben. Auch die Orts- und Zeitangaben sowie Schauplätze gibt es normalerweise wirklich. Beispiele sind die Legenden des Heiligen St. Martin oder des Heiligen St. Nikolaus.
Der Heilige St. Martin gilt heute als Schutzpatron der Bettler:innen, Soldat:innen und Haustiere sowie der Winzer:innen, Weber:innen und der Schneider:innen.